Rechtsanwalt Daniel Strauss

Was kann man gegen ein Urteil im Strafverfahren machen?

Ein Urteil im Strafrecht ist nicht automatisch rechtskräftig. Es bestehen verschiedene Optionen, um gegen ein Urteil vorzugehen, abhängig davon, welches Gericht es gefällt hat. Rechtsmittel müssen nach Urteilsverkündung binnen 3 Tagen angemeldet werden. Nachdem das Urteil schriftlich ausgefertigt und zugestellt wurde, können etwaige Rechtsmittel zurückgezogen oder ausgeführt werden. Binnen 4 Wochen nach der Zustellung des Urteils muss das Rechtsmittel schriftlich ausgeführt werden.

 

Nicht nur dem Angeklagten und seinem Vertreter steht das Rechtsmittelrecht zu. Die Staatsanwaltschaft sowie eine allfällige gesetzliche Vertretung (z.B. Erziehungsberechtigter) können ein Rechtsmittel einbringen.

Gegen ein Urteil des Bezirksgerichtes

Berufung (§§ 464, 468, 469 StPO)

Eine Berufung kann eingelegt werden, wenn man mit dem Urteil nicht einverstanden ist. Gründe für eine Berufung sind:

  • Nichtigkeitsbegründenden Fehler
  • Die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Sachverhaltsannahmen und die Beweiswürdigung
  • Der Ausspruch der Schuld (Schuldberufung)
  • Die Strafe oder die zivilrechtlichen Ansprüche, die dem Privatbeteiligten zugesprochen wurden

Gegen ein Urteil des Landesgerichts

Als Einzelrichter

Berufung (§§ 468, 469 StPO)

Die Berufung kann aus den selben Gründen wie beim Bezirksgericht ergriffen werden.  

Als Schöffengericht

Schöffengerichte entscheiden in der Regel mit einem Berufsrichter und zwei Laienrichter. Die Laienrichter entscheiden alleine über die Schuldfrage und anschließend gemeinsam mit dem Berufsrichter über die Straffrage.

Nichtigkeitsbeschwerde (§ 281 StPO)

Mit der Nichtigkeitsbeschwere kann ein Urteil abgeändert oder Aufgehoben werden. Beispiele für Nichtigkeitsgründe sind unter anderem:

    • Verletzung von Vorschriften: Wenn im Verfahren bestimmte gesetzliche Vorschriften nicht eingehalten wurden, die für die Durchführung des Verfahrens wichtig sind.
    • Fehlerhafte Besetzung des Gerichts: Wenn das Gericht nicht ordnungsgemäß besetzt war, zum Beispiel wenn ein Richter fehlte oder nicht befugt war, den Fall zu behandeln.
    • Mangelhafte Verteidigung: Wenn dem Angeklagten kein angemessener Verteidiger zur Verfügung stand oder wenn seine Verteidigung in einer Weise eingeschränkt war, die seine Rechte beeinträchtigt hat.
    • Unzureichende Beweisaufnahme: Wenn im Verfahren Beweise nicht ordnungsgemäß erhoben wurden oder wenn entscheidende Beweise nicht berücksichtigt wurden.
    • Verstoß gegen das rechtliche Gehör: Wenn der Angeklagte oder seine Verteidigung nicht die Möglichkeit hatten, sich zu äußern oder ihre Argumente vorzubringen.

Berufung (§ 283 StPO)

Die Berufung kann

    • nur gegen die Strafhöhe oder
    • gegen das Urteil über privatrechtliche Ansprüche

ergriffen werden. Das bedeutet, dass ein Urteil des Schöffen- oder Geschworenengerichtes in der Schuldfrage, d.h. hat der Angeklagte die Tat begangen oder nicht, unanfechtbar ist.

Als Geschworenengericht

Das Geschworenengericht besteht aus einem Richtersenat (3 Berufsrichter) und acht Geschworenen. Die Geschworenen entscheiden über die Schuld des Angeklagten alleine.  Diese Entscheidung wird Wahrspruch genannt, dieser muss nicht begründet werden. Gegen ein Urteil des Geschworenengerichts kann man folgende Rechtmittel erheben:

 

Nichtigkeitsbeschwerde (§ 345 StPO)

    • Verletzung des rechtlichen Gehörs: Wenn der Angeklagte oder seine Verteidigung nicht ausreichend die Möglichkeit hatten, sich zu äußern oder ihre Argumente vorzubringen.
    • Fehlerhafte Besetzung des Gerichts: Wenn das Gericht nicht ordnungsgemäß besetzt war, beispielsweise durch das Fehlen eines Richters oder wenn ein Richter nicht befugt war.
    • Verstoß gegen Verfahrensvorschriften: Wenn während des Verfahrens grundlegende gesetzliche Vorschriften nicht beachtet wurden, die für die Fairness des Verfahrens entscheidend sind.
    • Mangelhafte Beweisaufnahme: Wenn das Gericht Beweise nicht ordnungsgemäß erhoben oder wesentliche Beweise nicht berücksichtigt hat.
    • Unzureichende Begründung des Urteils: Wenn das Urteil nicht ausreichend begründet ist oder die Entscheidungsgründe unklar sind.

 

Berufung
Die Berufung kann aus den selben Gründen wie beim Schöffengericht ergriffen werden.

Was kann man gegen ein rechtskräftiges Urteil machen?

Eine Wiederaufnahme ist möglich, wenn neue Beweise oder Tatsachen vorliegen, die nicht bereits in der Hauptverhandlung präsentiert wurden. Waren diese Beweise zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bekannt, jedoch nicht vorgebracht, ist eine Wiederaufnahme nicht möglich.

Wideraufnahme des Verfahrens (§§ 352 ff. StPO)

Eine Wiederaufnahme ist möglich, wenn neue Beweise oder Tatsachen vorliegen, die nicht bereits in der Hauptverhandlung präsentiert wurden. Waren diese Beweise zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung bekannt, jedoch nicht vorgebracht, ist eine Wiederaufnahme nicht möglich.

Nachträgliche Strafmilderung (§ 31a StPO)

Ein Antrag auf nachträgliche Strafmilderung kann beim Erstgericht gestellt werden, wenn nachträglich neue Milderungsgründe bekannt werden, wie zum Beispiel eine Schadenswiedergutmachung (besonders relevant bei Vermögensdelikten oder Verletzung der Unterhaltspflicht).

Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes (§ 23 StPO)

Ob eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes („Wahrungsbeschwerde“) möglich ist, entscheidet die Geralprokuratur. Bei dieser wird die Wahrungsbeschwerde angeregt. Wenn schwerwiegende (entscheidungswesentliche) Rechtsfehlervor, kann die Generalprokuratur beim OGH eine Wahrungsbeschwerde einbringen und eine Abänderung oder Aufhebung des Urteils beantragen.

Grundrechtsbeschwerde (§ 2 GRBG)

Die Beschwerde kann dann geltend gemacht werden, wenn der ordentliche Instanzenzug ausgeschöpft ist und eine Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit vorliegt. Dies kann in den Fällen der rechtswidrigen Verhängung der Untersuchungshaft, Fortsetzung der Untersuchungshaft, wenn die Entlassung der Untersuchungshaft verspätet erfolgte oder wenn eine andere Verletzung der persönlichen Freiheit im Zusammenhang mit der Untersuchungshaft vorliegt. Gesetzesverletzungen in Bezug auf die Auslieferungshaft, Beugehaft oder eine vom Gericht angeordnete Vorführung zur Verhandlung können ebenso mittels der Grundrechtsbeschwerde geltend gemacht werden.  

Erneuerung des Strafverfahrens (EGMR)

Eine Erneuerung des Strafverfahrens kann beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) angestrebt werden, wenn internationale Menschenrechtsstandards verletzt wurden.

Bedingte Entlassung (§ 265 StPO)

Der Antrag auf bedingte Entlassung kann gestellt werden, um vorzeitig aus der Haft entlassen zu werden. Hier gibt es die Hälfteregelung und die Zweidrittelregelung, bei welcher nach der Hälfte oder nach zwei Drittel der abgesessenen Strafe ein Antrag auf bedingte Entlassung gestellt werden kann.

Ich bin für Sie da!

Wenn es um Ihre Freiheit geht, sollten Sie einen auf Strafrecht spezialisierten Anwalt wählen. In Notfällen (Festnahme, Hausdurchsuchung) können Sie mich unter der Nummer +43 699 1922 1541 auch außerhalb der üblichen Bürozeiten erreichen.