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Vergewaltigung und Geschlechtliche Nötigung: Rechtliche Grundlagen und Strafen

Im österreichischen Strafrecht sind Vergewaltigung und geschlechtliche Nötigung zwei sehr schwerwiegende Straftaten, die eine massive Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung des Opfers darstellen. Diese Taten sind in den §§ 201 und 202 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. In diesem Blogbeitrag wird der Unterschied zwischen Vergewaltigung und geschlechtlicher Nötigung erläutert, die rechtlichen Rahmenbedingungen darlegt und aufgezeigt, welche Strafen die Täter bei einer Verurteilung erwarten können.

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Vergewaltigung ist eine der gravierendsten sexuellen Straftaten und stellt einen massiven Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung dar. § 201 StGB beschreibt die Vergewaltigung als die Nötigung einer anderen Person zu der Duldung eines „Beischlafs“ oder einer „gleichzusetzen sexuellen Handlung“, wobei die Nötigung durch Gewalt, Drohung oder die Ausnutzung einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben erfolgt.

Was bedeutet „Beischlaf“ und „gleichzusetzende sexuelle Handlung“?

Im rechtlichen Sinne bezeichnet der „Beischlaf“ das
Eindringen des männlichen Gliedes in die weiblichen Geschlechtsorgane, also
eine vaginale Penetration. Doch auch andere sexuelle Handlungen können eine
Vergewaltigung darstellen, wenn sie im Ausmaß und in der Demütigung mit einem
Beischlaf vergleichbar sind. Dazu gehören zum Beispiel orale, anale oder
vaginale Penetration mittels Finger, Zunge oder Gegenständen. Die
Vergewaltigung ist nicht nur bei weiblichen Opfern möglich. Auch Männer können
Opfer einer Vergewaltigung sein bzw. Frauen Täterinnen.

 

Wichtiger Hinweis: Die körperliche Einwirkung auf das
Opfer muss nicht unbedingt Schmerzen verursachen oder so intensiv sein, dass
sie den Widerstand des Opfers „unmöglich“ macht. Bereits das Ansetzen zu einer
Penetration oder das Berühren der Geschlechtsteile kann als Vollendung der Tat
gewertet werden. Entscheidend ist die Schwere des Eingriffs in die sexuelle
Selbstbestimmung des Opfers und das Ausmaß der Demütigung.

Wann scheint eine Vorstrafe wegen rechtwidrigen Umgangs mit Suchtmitteln im Strafregister auf?​

Bei einer Vergewaltigung müssen Nötigungsmittel wie Gewalt, Drohung oder die Ausnutzung einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben vorliegen. Diese Mittel zwingen das Opfer, sich der sexuellen Handlung zu unterwerfen, obwohl es dies nicht freiwillig möchte.

  • Gewalt gegen eine Person: Hierbei handelt es sich um körperliche Gewalt, die gegen das Opfer ausgeübt wird, um dessen Widerstand zu brechen.
  • Entziehung der persönlichen Freiheit: Das Opfer wird in seiner Bewegungsfreiheit so stark eingeschränkt, dass es keine Möglichkeit hat, sich zu wehren oder zu entkommen.
  • Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben: Dies umfasst Drohungen, die das Opfer in Angst versetzen, sodass es glaubt, in Gefahr zu sein.

Die Intensität der körperlichen Einwirkung muss nicht zwangsläufig den Widerstand des Opfers vollständig brechen, sie kann jedoch ausreichen, um das Opfer zur Duldung der sexuellen Handlung zu zwingen. Keine Nötigung liegt vor, wenn das Opfer mit der Vornahme der Tat (Beischlaf oder gleichzusetzende geschlechtliche Handlung) einverstanden ist. Die Einwilligung kann jederzeit zurückgezogen werden. Eine widersprüchliche Einwilligung ist nicht als Einverständnis zu werten.  

Strafe bei Vergewaltigung

Vergewaltigung wird im österreichischen Strafrecht mit einer Freiheitsstrafe von 2 bis zu 10 Jahren bestraft. In besonders schweren Fällen, wie etwa bei besonders schwerer Körperverletzung oder besonderer Erniedrigung des Opfers oder wenn die Vergewaltigung eine Schwangerschaft zur Folge hat, beträgt die Strafe 5 bis zu 15 Jahre Freiheitsstrafe. Wenn die Tat den Tod des Opfers zur Folge hat so ist mit einer Freiheitsstrafe von 10 bis 20 Jahren zu rechnen.

Geschlechtliche Nötigung nach § 202 StGB

Die geschlechtliche Nötigung ist eine Straftat, die sich ebenfalls gegen die sexuelle Selbstbestimmung richtet, jedoch in ihrer rechtlichen Ausprägung etwas abweicht. Laut § 202 StGB liegt eine geschlechtliche Nötigung vor, wenn jemand eine andere Person mit „gelinderen Nötigungsmitteln“ zu einer geschlechtlichen Handlung zwingt, die nicht zum Beischlaf führt. Eine geschlechtliche Handlung ist eine nicht bloß flüchtige sexualbezogene Berührung der zur unmittelbaren Geschlechtsspähre gehörigen, männlichen oder weiblichen Körperpartien (Vagina, Brüste, Penis und Hoden sowie der Anus).

Was ist der Unterschied zur Vergewaltigung?

Der Unterschied zwischen Vergewaltigung und geschlechtlicher Nötigung liegt vor allem in der Art der sexuellen Handlung, die zur Tat geführt hat. Bei der geschlechtlichen Nötigung muss es nicht zwingend zu einer Penetration kommen. Auch andere sexuelle Handlungen – wie etwa das Berühren der Geschlechtsteile, oraler oder analer Kontakt oder das Zwingen zu anderen Formen der sexuellen Handlung – können als geschlechtliche Nötigung gewertet werden.

Die Nötigungsmittel, die bei der geschlechtlichen Nötigung zum Einsatz kommen, sind nicht so schwerwiegend wie bei der Vergewaltigung. Hier genügt es, wenn der Täter das Opfer mit Drohungen oder anderen Nachteilen (z. B. durch psychische Gewalt oder Drohungen mit negativen Konsequenzen) zur sexuellen Handlung zwingt.

Strafe bei geschlechtlicher Nötigung

Die Strafen für eine geschlechtliche Nötigung sind im Vergleich zur Vergewaltigung etwas milder, aber immer noch sehr ernst. Der Täter kann mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren rechnen. Wie bei der Vergewaltigung hängt die Schwere der Strafe von den Umständen der Tat ab, insbesondere von der Intensität der Nötigung und den Folgen für das Opfer.

Opfer der Vergewaltigung und geschlechtlichen Nötigung

Sowohl bei der Vergewaltigung als auch bei der geschlechtlichen Nötigung können sowohl Männer als auch Frauen Opfer werden. In der Praxis sind jedoch Frauen weitaus häufiger betroffen als Männer. Laut den aktuellen Kriminalstatistiken des Jahres 2023 wurden in Österreich insgesamt 1.296 Anzeigen wegen versuchter oder vollendeter Vergewaltigung eingereicht, davon 1.066 vollendete Taten mit weiblichen Opfern und 52 mit männlichen Opfern. Bei versuchten Vergewaltigungen wurden 163 weibliche und 15 männliche Opfer gezählt.

Für die geschlechtliche Nötigung wurden 246 Opfer gemeldet, davon 223 weibliche und 23 männliche Opfer.

Besondere Bedingungen bei Nachsicht und Fußfessel bei Vergewaltigungsdelikten

Im österreichischen Strafrecht gibt es bestimmte Regelungen zur Nachsicht oder bedingten Nachsicht der Strafe. Nach § 43 Abs. 1 StGB kann die Strafe unter bestimmten Voraussetzungen zur Gänze bedingt nachgesehen werden. Nach §43 Abs. 3 ist eine bedingte Nachsicht für wegen Vergewaltigung verhängten Freiheitsstrafe nicht möglich. Das bedeutet, dass wenn es zu einer Verurteilung wegen Vergewaltigung zu einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren kommt, wo grundsätzlich eine bedingte Nachsicht möglich wäre, keine (zur Gänze) bedingte Nachsicht der Strafe möglich ist.

Ein weiteres Thema, das oft bei schwerwiegenden Sexualstraftaten wie einer Vergewaltigung zur Diskussion kommt, ist die Fußfessel. Diese wird in Österreich als Alternative zur Gefängnisstrafe eingesetzt, um die Bewegungsfreiheit eines Täters einzuschränken, während dieser sich in der Gesellschaft aufhält. Bei Vergewaltigungsdelikten kommen Fußfesseln jedoch nicht in Frage, da gemäß § 156c Abs. 1 Z 4 StGB bestimmte schwere Sexualstraftaten von dieser Möglichkeit ausgeschlossen sind. Vielmehr müssen bei der Prüfung der Eignung einer Fußfessel die zieltätlichen Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 StGB berücksichtigt werden, was bedeutet, dass die Schwere des Delikts sowie die Gefährdung des Opfers und der Allgemeinheit eine entscheidende Rolle spielen.

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