Ein Strafverfahren lässt sich in drei Abschnitte einteilen: Ermittlungsverfahren, Hauptverfahren und Rechtsmittelverfahren.
Nicht jedes Strafverfahren hat alle drei Abschnitte. Wird das Ermittlungsverfahren etwa eingestellt, weil keine mit Strafe bedrohte Handlung vorliegt, kommt es zu keiner Anklage. Wird das Urteil nicht bekämpft, gibt es kein Rechtsmittelverfahren.
Ermittlungsverfahren
Ziel des Ermittlungsverfahrens ist es zu klären ob, die Staatsanwaltschaft Anklage zu erheben hat oder das Verfahren einzustellen ist (zB wegen Geringfügigkeit) oder Rücktritt von der Verfolgung geboten ist („Diversion“).
Das Ermittlungsverfahren beginnt in der Regel sobald die Polizei Kenntnis von einer strafbaren Handlung erlangt und zur Klärung eines Anfangsverdachts zu ermitteln beginnt (z.B. Zeugen befragt; Drogen sicherstellt, etc.)
Im Ermittlungsverfahren werden oft bereits die Weichen für den späteren Verfahrensausgang gestellt. Wenn gegen Sie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, empfiehlt es sich möglichst frühzeitig einen auf Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt beizuziehen.
Voraussetzung zur Entwicklung einer Verteidigungsstrategie ist zunächst zu erfahren welche Beweismittel gegen Sie vorliegen. Dazu ist eine umfassende Akteneinsicht bei Polizei und Staatsanwaltschaft erforderlich.
Idealerweise beauftragen Sie bereits vor der Einvernahme bei der Polizei einen auf Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt. Je nach konkretem Fall kann es für den Beschuldigten sinnvoll sein bei der Polizei keine Aussage zu tätigen („Recht auf Aussageverweigerung“) bzw. kann auch eine schriftliche Stellungnahme des Beschuldigten erfolgen.
Weiters können bereits im Ermittlungsverfahren den Beschuldigten entlastende Beweisanträge gestellt werden (z.B. Befragung von Entlastungszeugen)
Hauptverfahren
Kommt die Staatsanwaltschaft anhand der Ermittlungsergebnisse der Polizei zu dem Schluss, dass sich der Anfangsverdacht erhärtet hat, erhebt sie Anklage bzw. Strafantrag beim zuständigen Gericht.
Die Hauptverhandlung beginnt mit dem Aufruf der Sache durch den Richter. Der Angeklagte nimmt in der Mitte Platz („Anklagebank“) und es erfolgt die Aufnahme durch den Richter (Name, Einkommen, bekennt sich der Angeklagte schuldig oder nichtschuldig). Es folgen die Eröffnungsplädoyers der Staatsanwaltschaft und im Anschluss jenes des Verteidigers. Der Richter befragt den Angeklagten zum Tathergang. In der Folge haben Staatsanwalt und Verteidiger das Fragerecht. Im Anschluss nimmt der Angeklagte neben seinem Verteidiger Platz.
Der Reihe nach werden die Zeugen aufgerufen (jeweils einzeln) und durch den Richter befragt. Im Anschluss haben wiederum Staatsanwalt und Verteidiger ein Fragerecht an den jeweiligen Zeugen. Auch wenn Sie ein Zeuge schwer belastet oder die Unwahrheit sagt, bleiben Sie ruhig! Sie sammeln beim Gericht keine Pluspunkte, wenn Sie dem Gericht oder einem Zeugen ins Wort fallen.
Weiters können während der Hauptverhandlung vom Staatsanwalt oder vom Angeklagten und seinem Verteidiger Anträge gestellt werden, um den Gang der Verhandlung zu beeinflussen (z.B. weitere Zeugen zu laden, Bestellung eines Sachverständigen oder Vertagungsantrag). Ob den Anträgen stattgegeben wird, entscheidet das Gericht.
Sind alle Zeugen befragt und werden keine weiteren Anträge gestellt, schließt das Gericht das Beweisverfahren. Staatsanwalt und Verteidiger halten ihre Abschlussplädoyers; das letzte Wort hat der Angeklagte („z.B. ich schließe mich den Worten meines Verteidigers an, möchte mich aufrichtig für meine Tat entschuldigen und ersuche das Gericht um ein mildes Urteil“).
Das Hauptverfahren endet mit der Urteilsverkündung (Freispruch oder Schuldspruch). Die Urteilsverkündung findet (anders als im Zivilprozess) jedenfalls noch in der mündlichen Hauptverhandlung statt.
Rechtsmittelverfahren
Zur Kontrolle des Urteils können Rechtsmittel (Berufung und/oder Nichtigkeitsbeschwerde) ergriffen werden (auch dem Gericht können Fehler unterlaufen).
Bei der Urteilsverkündung erfolgt auch die Rechtsmittelbelehrung durch das Gericht. Das Gericht fragt den Angeklagten, ob er/sie mit Urteil einverstanden ist. Der Beschuldigte kann das Urteil entweder noch in der Hauptverhandlung annehmen, ein Rechtsmittel anmelden oder um Bedenkzeit bitten. Ist das Urteil günstig für Sie, werden sie einen Rechtsmittelverzicht abgeben (es annehmen). Erklärt sich auch die Staatsanwaltschaft mit dem Urteil einverstanden, erwächst dieses in Rechtskraft (wird rechtswirksam und kann nicht mehr abgeändert werden).
Im Zweifel bitten Sie das Gericht sich kurz mit Ihrem Verteidiger austauschen zu können um das Urteil zu besprechen. Ein Rechtsmittel muss innerhalb von drei Tagen ab Urteilsverkündung angemeldet werden (wobei der Tag der Urteilsverkündung nicht mitzählt).
Dann stellt das Gericht die schriftliche Urteilsausfertigung zu, worauf die Rechtsmittel binnen vier Wochen schriftlich auszuführen sind.
Ergebnis eines Rechtsmittelverfahrens ist überblicksweise, dass
- das Urteil bestehen bleibt und rechtswirksam wird oder
- das Urteil ganz oder zum Teil aufgehoben wird.
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