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Fussfessel statt Gefängnis?

Eine effektive Nachbetreuung nach rechtskräftiger Verurteilung ist mindestens genauso wichtig wie die bestmögliche Verteidigung während des Ermittlungs- bzw. Hauptverfahrens. Für den Fall, dass eine unbedingte Freiheitsstrafe ausgesprochen wurde bzw. auch schon für die Dauer der Untersuchungshaft, gibt es seit 01.09.2010 die Möglichkeit des Strafvollzugs in Form des elektronisch überwachten Hausarrestes („Fussfessel“). Näheres dazu habe ich im nachfolgenden Beitrag zusammengefasst.

Wann ist der elektronisch überwachte Hausarrest ("Fussfessel") möglich?

Für die Bewilligung des Antrags auf elektronisch überwachten Hausarrest ist es notwendig, dass die

  • (Rest-) Strafzeit nicht mehr als zwölf Monate beträgt; und
  • eine geeignete inländische Unterkunft;
  • eine geeignete Beschäftigung;
  • ein ausreichendes Einkommen zur Bestreitung des Lebensunterhalts;
  • ein Kranken- und Unfallversicherungsschutz; sowie
  • die schriftliche Einwilligung von im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen

vorgewiesen werden kann sowie keine Missbrauchsgefahr des elektronisch überwachten Hausarrestes besteht (§ 156 c Abs 1 StVG). Neben einer Erwerbstätigkeit wird als den Beschäftigungsnachweis auch eine Ausbildung, die Kinderbetreuung, gemeinnützige Arbeit oder eine vergleichbare der Wiedereingliederung dienende Tätigkeit angesehen.

Für Sexualstraftäter gibt es jedoch weitere Kriterien, die für die Bewilligung des elektronisch überwachten Hausarrest notwendig sind. Diese müssen beispielsweise die Hälfte der Freiheitsstrafe, mindestens jedoch drei Monate, verbüßt haben, bevor der elektronisch überwachte Hausarrest überhaupt in Betracht kommt. Darüber hinaus muss bei einer Verurteilung wegen eines Sexualdeliktes oder eines sexuell motivierten Gewaltdelikts eine qualifiziert günstige Prognose gegeben sein, bei der die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verurteilte den elektronisch überwachten Hausarrest nicht missbrauchen wird. (§ 156 c Abs 1 a StVG).

Wo ist der Antrag einzubringen und wer entscheidet darüber?

Da es sich beim elektronisch überwachten Hausarrest um keine neue „Strafart“ handelt, sondern um eine besondere Vollzugsform der Freiheitsstrafe, entscheidet darüber grundsätzlich der Leiter der zuständigen Justizanstalt. Daher ist der Antrag auch bei der jeweils zuständigen und unterbringenden Justizanstalt einzubringen.

Aufgrund der strengen Entscheidungspraxis, sollte der Antrag jedenfalls erst eingebracht werden, wenn sämtliche Bedingungen erfüllt sind und sämtliche Unterlagen und Bescheinigungen vollständig  vorliegen. Der Antrag auf Fussfessel kann sowohl bereits vor Strafantritt als auch während des Strafvollzuges eingebracht werden.

Wird der Strafantritt bis zur Entscheidung gehemmt?

Ja, der Strafvollzug ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Gewährung des elektronisch überwachten Hausarrests gehemmt (§ 156 d Abs 4 StVG). Somit ist der Antrag zugleich ein Strafvollzugsaufschubgrund, der zu einer effektiven Verzögerung des Strafantritts führt. Je nach Bundesland und Justizanstalt, kann die Entscheidung über die Bewilligung des elektronisch überwachten Hausarrestes einige (viele) Monate dauern. 

Ist der elektronisch überwachte Hausarrest kostenpflichtig?

Ja, der Antragsteller hat für den elektronisch überwachten Hausarrest einen Beitrag in Höhe von (aktuell) EUR 22 pro Tag zu entrichten; dies insbesondere aufgrund der engmaschigen Betreuung und Überwachung dieser speziellen Vollzugsform.

Unter gewissen Voraussetzungen muss kein Kostenbeitrag geleistet werden. Für den elektronisch überwachten Hausarrest an Stelle der Untersuchungshaft sind keine Kosten zu ersetzen.

Wie funktioniert die praktische Abwicklung nach der Genehmigung der "Fussfessel"?

 

In der Unterkunft der betroffenen Person wird eine Basisstation zur Übermittlung der Funksignale des Senders sowie zur Durchführung von Kontrollanrufen installiert. Es ist auch im Einzelfall möglich, dass die überwachte Person zu einer Atemluftanalyse an der Basisstation aufgefordert wird und auf diesem Wege ohne größeren Aufwand eine Alkoholkontrolle durchgeführt werden kann.

 

Die zu überwachende Person trägt um den Fußknöchel einen Funksender, der mit der in Reichweite befindlichen Basisstation verbunden ist; dabei werden lediglich die An- und Abwesenheitszeiten in der Unterkunft überwacht. Nur in Ausnahmefällen findet eine permanente Überwachung statt. Durch die Aufzeichnen werden in einem individuellen Aufsichtsprofil die konkreten zeitlichen und örtlichen Tagesabläufe, insbesondere auch die erlaubten Abwesenheitszeiten von der Unterkunft, erfasst. Die Überwachung des Systems findet in einer Überwachungszentrale in Wien statt.

 

Ist es ratsam, sich durch einen Rechtsanwalt beraten zu lassen?

 

In Hinblick auf die für die Bewilligung des elektronisch überwachten Hausarrestes strengen Rechtsprechung, der Vielzahl an hierzu benötigten Formularen und Unterlagen und dem notwendigen Erfahrungsgehalt für den Antrags- bzw. Bewilligungsprozess ist es jedenfalls ratsam, sich für die Antragstellung durch einen Rechtsanwalt beraten zu lassen.

Gerne bin ich als erfahrener und ausschließlich auf das Strafrecht spezialisierter Rechtsanwalt für Sie da!

 

Ich bin für Sie da!

Wenn es um Ihre Freiheit geht, sollten Sie einen auf Strafrecht spezialisierten Anwalt wählen. In Notfällen (Festnahme, Hausdurchsuchung) können Sie mich unter der Nummer +43 699 1922 1541 auch außerhalb der üblichen Bürozeiten erreichen.

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