Es gibt wohl nichts belastenderes als den Entzug der persönlichen Freiheit. Umso wichtiger ist es in diesen Situationen schnell zu reagieren.
Wann darf eine Festnahme erfolgen?
Voraussetzung für die Festnahme ist ein konkreter Tatverdacht und das vorliegen (zumindest) eines Haftgrundes. Zusätzliche Voraussetzung ist, dass die Festnahme als massiver Grundrechtseingriff verhältnismäßig ist. Es gibt vier Haftgründe für eine Festnahme:
1. Betretung auf frischer Tat
Dieser Haftgrund liegt beispielsweise vor, wenn die Polizei die Tat beobachtet oder der Beschuldigte mit Tatwerkzeug in der Nähe des Tatortes angetroffen wird.
2. Fluchtgefahr
Fluchtgefahr besteht, wenn der Beschuldigte flüchtig ist oder sich versteckt hält oder wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Gefahr besteht er werde flüchten (z.B. Flugtickets wurden bereits gekauft und sämtliches Bargeld vom Konto abgehoben). Fluchtgefahr wird in der Praxis regelmäßig (zu leichtfertig) angenommen bei ausländischen Staatbürgern ohne festen Wohnsitz, Familie oder Arbeit in Österreich.
3. Verdunkelungsgefahr
Dieser Haftgrund besteht, wenn der Beschuldigte Zeugen oder Mitbeschuldigte zu beeinflussen versucht oder Spuren der Tat beseitigen versucht oder die Gefahr besteht er werde dies versuchen. Beispiele sind: Akten wurden bereits vernichtet; Telefonate und Treffen mit Mitbeschuldigten oder Zeugen um diese zu beeinflussen.
4. Wiederholungsgefahr bzw. Tatausführungsgefahr
Dieser Haftgrund liegt vor, wenn die Befürchtung besteht der mutmaßliche Täter könnte eine neuerliche Tat die mit mehr als sechsmonatiger Freiheitsstrafe begehen, die gegen das gleiche Rechtsgut gerichtet ist (z.B. bei Körperverletzung neuerliche Straftat gegen Leib und Leben).
Bei besonders schweren Straftaten mit Strafdrohung über zehn Jahren (z.B. Mord, schwerer Raub, Vergewaltigung) muss die Festnahme in der Regel angeordnet werden, es sei denn, dass alle oben genannten Haftgründe ausgeschlossen werden können (was in der Praxis kaum vorkommt).
Wie ist das Verfahren bei einer Festnahme?
Liegen die oben beschriebenen Voraussetzungen für eine Festnahme vor, wird die Festnahme von der Staatsanwaltschaft angeordnet und von einem Richter bewilligt. Die Verhaftung selbst wird von der Polizei durchgeführt. Bei Gefahr in Verzug oder wenn der Verdächtige auf frischer Tat erwischt wird, darf die Polizei die Festnahme auch ohne vorherige gerichtliche Bewilligung durchführen.
In der Praxis kann es leider vorkommen, dass die Polizei bereits im Vorfeld davon ausgeht, dass sie von Staatsanwaltschaft und Gericht keine Bewilligung der Festnahme erhalten würde. Der Beschuldigte wird wegen „Gefahr in Verzug“ festgenommen und einvernommen in der Hoffnung, dass der Beschuldigte in dieser Drucksituation ein Geständnis ablegt, welches die Festnahme erst rechtfertigen soll.
Wie verhalte ich mich bei einer Festnahme?
1. Rechtsanwalt kontaktieren
Bei einer Festnahme haben sie immer das Recht einen Rechtsanwalt zu kontaktieren.
2. Bewahren sie Ruhe
Auch wenn sie sich in einer Ausnahmesituation befinden ist es wichtig Ruhe zu bewahren. Die Polizei sitzt am längeren Ast. Versuchen Sie einen respektvollen Umgang mit der Polizei. Beleidigungen oder körperliche Gegenwehr können sich negativ auf ihr Verfahren auswirken.
3. Sie haben ein Schweigerecht!
Als Beschuldigter müssen sie sich nicht selbst belasten. Keine Aussage ist besser als eine schlechte! Ein strafmilderndes Geständnis kann auch noch in der Gerichtsverhandlung abgelegt werden.
4. Verständigung der Angehörigen
Jeder Festgenommene hat die Möglichkeit jemanden telefonisch über die Festnahme zu kontaktieren.
5. Lesen sie die Rechtsbelehrung
Die Polizei hat ihnen nach der Festnahme ein Informationsblatt über ihre Rechte und Pflichten auszuhändigen. Dieses muss in einer ihnen verständlichen Sprache übergeben werden. Lesen sie das Informationsblatt gut durch.
6. Unterschreiben sie das Protokoll nicht nur um schnell wieder wegzukommen
Lesen sie das Protokoll durch und unterschreiben sie es nur wenn sie mit dem Inhalt wirklich einverstanden sind. Sie können auch Änderungen oder Streichungen verlangen. Wenn sie nicht einverstanden sind, schreiben sie die Gründe für die Verweigerung nieder.
Warum ist es wichtig sofort einen Anwalt zu kontaktieren, wenn man selbst oder ein Angehöriger verhaftet wird?
Die erste polizeiliche Einvernahme ist oft entscheidend für den weiteren Verfahrensverlauf und den Prozessausgang. Gerade im Suchtmittelbereich erfolgen die meisten Verurteilungen aufgrund der ersten Aussage bei der Polizei. Der Verdächtige befindet sich in einer für ihn oft unbekannten Drucksituation und ist unter diesen Umständen plötzlich bereit Handlungen zu gestehen, zu denen die Polizei zuvor nicht einmal einen Ermittlungsansatz hatte oder die der Beschuldigte so nicht wiedergeben würde.
Gerade bei der ersten polizeilichen Einvernahme ist es daher besonders wichtig anwaltlich vertreten zu sein!